Exkursionen vor Ort
Die Wingst
Ganz in der Nähe von unserer Schule befindet sich die Wingst. Ein großes Waldgebiet, dass uns Schüler:innen aus der Oberstufe passend zum Rahmenthema Ökologie immer wieder die Möglichkeit bietet, den Kosmos Wald besser kennenzulernen und sogenannte Freilanduntersuchungen durchzuführen. Dabei führt uns der Förster Herr von der Wense durch die Wingst und gibt uns wichtige Informationen rund um den Wald.
Nur wenige wissen, dass der Wingster Wald ein Privatwald ist, der vom Familienbetrieb von der Wense bereits in vierter Generation bewirtschaftet wird. 1936 wurde die Familie von der Wense enteignet, um ihren ursprünglichen Forstbetrieb in Wense in der Heide bei Dorfmark als Truppenübungsplatz für die Soldaten des zweiten Weltkrieges zur Verfügung zu stellen. Der Familie wurde schließlich ein ähnlich großer Forstbetrieb zugeteilt, nämlich der Wingster Wald. Dort fühlt sich der Förster Herr von der Wense und seine Familie seiner eigenen Aussage zufolge, „bis jetzt sehr wohl“.
Dem Familienbetrieb ist es wichtig eine nachhaltige Forstwirtschaft zu betreiben, deshalb achtet Familie von der Wense auf eine standortgerechte Holzartenverteilung, um zu vermeiden, dass Monokulturen den Wald einnehmen. Der Wingster Wald entspricht sogar den Waldstandards von PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification), was den Wald für eine ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltige Forstwirtschaft zertifiziert.
Doch neben den verschiedenen herkömmlichen Baumarten Douglasie, Tanne, Fichte, Kiefer, Lärche, Eiche und Buche, die im Wingster Wald zu finden sind, bietet der Wald ein vielseitiges Angebot für die Waldbesucher, das auf unterschiedlichste Weise genutzt wird. Ob mit dem Mountainbike das nächste Abenteuer gesucht wird oder ob man sich nach einem ruhigen Spaziergang mit dem Hund sehnt, der Wingster Wald ist vielseitig nutzbar. Auch Pilzsammler haben hier die Möglichkeit einen Sammelschein zu absolvieren. Neben weiteren Aktivitäten, wie dem Reiten und Jagen, kann man seit 2007 sogar seine letzte Ruhe im Ruheforst des Wingster Waldes finden. Dieses breite Angebot ruft allerdings auch Interessenskonflikte hervor, deshalb ist ein rücksichtsvoller Umgang mit dem Wald, seinen Lebewesen und seinen Besuchern von zentraler Bedeutung. Doch neben der Nutzfunktion eines Waldes, verfügt er auch über eine wichtige Schutzfunktion.
Waldböden sind wichtige Wasserspeicher, sie können schon alleine in der obersten Bodenschicht bis zu 45 Liter Niederschlagswasser auf einem Quadratmeter speichern. Des Weiteren reinigt der Waldboden Trinkwasser auf natürliche Weise und filtert Schadstoffmengen aus der Luft mit Hilfe der Nadeln und Blätter der Bäume (vgl. RuheForst GmbH 2018, S. 15). Dass Bäume über den biochemischen Prozess der Fotosynthese aus Kohlendioxid und Wasser, unter dem Einwirken von Sonnenstrahlung, Sauerstoff und Zucker herstellen, ist den meisten Schüler:Innen bereits bekannt. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass Bäume den Kohlenstoff bis zu ihrer Verbrennung oder Verrottung speichern und dann den Kohlenstoff wieder an die Umwelt abgeben. Somit ist der Baum ein Kohlendioxid neutraler Energieträger, da die Menge an gespeichertem Kohlenstoff wieder abgegeben wird (vgl. RuheForst GmbH 2018, S. 17).
Auch die Folgen des Klimawandels beeinflussen das Ökosystem Wald. Im Wingster Wald ist uns aufgefallen, dass die Brombeerbüsche, wie man sie auch in Otterndorf häufig finden kann, sehr verbreitet sind, was zu einem Problem im Wald führt. Die Büsche überwuchern junge Bäume, weil die Brombeerbüsche in unserer Region optimal an das Klima angepasst sind. Anschließend drücken sie die anderen Pflanzen und Bäume herunter. Unter den Büschen ist die Sonnenstrahlung nur sehr gering, dadurch wird das Pflanzenwachstum verhindert. Glücklicherweise zeichnet sich die Baumart Douglasie dadurch aus, dass sie besonders schnell wächst und so einer Überwucherung durch Brombeeren zuvorkommt. Sie kann der Konkurrenz durch andere Pflanzen standhalten und ist demnach ebenfalls im Wingster Wald weit verbreitet. Sehr überraschend war für uns, dass die Nadeln einen feinen Zitronengeruch abgeben, wenn man sie in den Fingern zerreibt. Die Douglasien wurden im Wingster Wald erstmals um 1900 angepflanzt, heute achtet man allerdings auf eine sog. „Naturverjüngung“, eine Vermehrung einer Baumart ohne menschliches Eingreifen, beispielsweise durch herabgefallene oder angeflogene Samen von umherstehenden Bäumen.
Auch nach der letzten Führung durch den Wald durften wir selbstständig mit Freilanduntersuchungen beginnen. Dafür hat unser Grundkurs anhand von Pflanzen- und Insektenlexika selbst die Pflanzen und Bewohner des Wingster Waldes bestimmt. Außerdem haben wir Bodenproben untersucht, indem wir etwas Boden ausgehoben haben und mit unseren Fingern die Quetschprobe durchgeführt haben. Dabei haben wir festgestellt, dass die oberen Bodenschichten aus Lehm beschaffen sind, während die tieferen Schichten sandiger sind. Als wir den pH-Wert von einem Gemisch aus destilliertem Wasser und einer Bodenprobe untersucht haben, ist uns aufgefallen, dass der pH-Wert des Bodens leicht sauer ist.
Die Exkursion war sehr interessant, weil wir im Gegensatz zu dem normalen Unterricht draußen im Wald unterwegs sein konnten und Herr von der Wense uns viele zusätzliche Informationen über den Wald in unserer Region gegeben hat. Wir haben außerdem gelernt die verschiedenen Baumarten anhand von den Blättern, der Rinde und dem Geruch zu unterscheiden und freuen uns unser Wissen in den nächsten Biologiestunden anzuwenden.
Unser Kurs ist sich sicher, der Wingster Wald hat ein breites Angebot (von Wanderpfad bis Ruheforst) und wird wahrscheinlich deshalb vielfach von Besuchern genutzt. Doch gerade um dieses Angebot weiterhin wahrnehmen zu können, ist es wichtig mit dem Wald und seinen Besuchern rücksichtsvoll umzugehen, denn wir alle profitieren von den Nutz- und Schutzfunktionen des Waldes.